Cover Gesellschaft der Angst

Heinz Bude Gesellschaft der Angst

Zum Verständnis des Buches muss bedacht werden, dass es 2014 veröffentlicht wurde.
Seitdem erlebten wir Pegida und Ableger, ein Erstarken rechtsnationaler Kräfte und die Proteste der selbsternannten Querdenker*innen während der Coronakrise, welche, meiner bescheidenen Meinung nach, auf die Straße getragener Ausdruck vieler der damals beschriebenen Ängste waren/sind.

Bude beschreibt in seinem Buch verschiedene Aspekte der Angst:

Abstiegsängste:
Der Mensch des deutschen Mittelstands hat heute nicht mehr die Gewissheit, dass er mit einer soliden Ausbildung wirklich einen Aufstieg hin bekommt.
Die Unsicherheit in der Arbeitswelt führen dazu, dass mit jeder Übernahme einer Firma von heute auf Morgen der Lebensunterhalt wegfallen kann und damit der mühsam erarbeitete kleine Wohlstand gefährdet ist.

Das trifft insbesondere auf Menschen aus der Mitte zu: hier befinden wir uns inzwischen an einem Punkt, bei dem die alte Regel dass die nächste Generation vermutlich sozial einen schritt weiter kommen wird, als die Eltern.

(siehe hierzu auch die Elefantenkurve im Artikel “Die falschen Freunde…“)

Die Angst vor dem Verlust der eigenen Ersparnisse wurde durch die Finanzkrise 2008 noch einmal verstärkt:
Wenn die Karriere nicht mehr sicher ist, aber auch das Ersparte nicht mehr, dann ist eine gewisse Sorge vor Veränderungen nicht mehr verwunderlich.

The Winner takes it all”
Hinter diesem Slogan steckt das neoliberale Versprechen, dass
Das bedeutet aber auch, dass
Dauerhaft Auslese, wer hat die Nase vorne, wer ist der fitteste?

Der weiße Mann fühlt sich als Verlierer
Emanzipation von Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen, LGTBQ*s führen zu etwas was für die Gesellschaft gut ist, allerdings verlieren Thomas, Michael und Matthias etwas was früher klar war: ihren gewohnten Platz an der Spitze. Lange reichte es als weißer, deutscher, heterosexueller Mann Durchschnitt zu sein, um Jahrzehnt für Jahrzehnt einen Karriereschritt nach dem anderen zu machen.
Die wachsende Chancengleichheit für alle bedeutet für einzelne also das, dass sie vielleicht auf der Strecke bleiben werden.


Angst vor dem Wandel / Globalisierungsangst
Hinzukommt, dass sich die Welt im ewigen Wandel befindet. Das führt dazu, dass unsere Position in der Welt nicht mehr klar ist: was passiert mit dem Land, wenn asiatische und afrikanische Ländern ihr Wachstum fortsetzen?

Was passiert mit unserem Wohlstand, der auch im fahren von großen Autos und dem täglichen Stück Fleisch auf dem Teller besteht, wenn Klimaschutz plötzlich wirklich ernst genommen wird?

Wo ist unser Platz in der Welt, jetzt wo afrikanische, südamerikanische und asiatische Länder aufholen und selbstbewusst mitspielen?

Fazit:
Ein gutes Buch für alle die verstehen wollen, warum sich viele in den letzten Jahren in eine ganz eigene Wirklichkeit geflüchtet haben. Warum es so viele Menschen gibt, die sich extrem bedroht fühlen, wenn kleine Sternchen in die Sprache eingebaut, Menschen in Deutschland aufgenommen werden oder an einer nachhaltigen Transformation gearbeitet wird.

Wie ihr am Cover wohl schon erkannt habt: Das Buch habe ich in einer bpb-Ausgabe. In der gedruckten Form ist es dort vergriffen, ihr bekommt es entweder gebraucht oder bei der Bundeszentrale für politische Bildung als PDF zum download ganz umsonst.

Wenn ihr tiefer einsteigen wollt, findet ihr hier ein Gespräch mit dem Autor zum Thema.




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